Die Erfindung des Zwiebacks

Wer den Zwieback erfunden hat und wer ihn nach Friedrichsdorf gebracht hat, ist nicht bekannt. Aber schon bei den Römern war dieses Gebäck beliebt. Christoph Stemler übernahm 1788 die Bäckerei seines verstorbenen Bruders in Friedrichsdorf. Das Wissen um die Herstellung des zweifach Gebackenen soll er sich auf holländischen Kriegsschiffen angeeignet haben.
Doch ob nun er oder Jean Georg Frederic Seidel, ebenfalls Bäcker in Friedrichsdorf, den Zwieback eingeführt hat, lässt sich nicht belegen. Bald war der Zwieback in der ganzen Welt begehrt: In deutschen Hotels gab es zu jedem Frühstück ein Päckchen mit drei Zwiebäcken.
Vor allem als Diätspeise, weil leicht bekömmlich, wurde das Zweifachgebackene bald entdeckt. Als Homburg zum Kurort avancierte, erstarkten auch die Zwiebackfirmen in Friedrichsdorf. Vor allem kleinere Firmen waren Nutznießer von dieser Entwicklung. In Dosen verpackt, lieferte man den Zwieback sogar dem Kaiser in Berlin und Wien, nach Konstantinopel ebenso wie an den russischen Zarenhof.
Zwieback war vielfältig verwendbar. Dieses äußerst delikate, haltbare Gebäck war sehr beliebt sowohl bei Reisenden alsauch beim Militär. Es war ernährungsphysiologisch ausgewogen, lange haltbar und ließ sich gut transportieren. So wurde es zu Beispiel bei einer Himalaya- Expedition mitgenommen. Aber auch als Süßspeise wurde der Zwieback benutzt. Getunkt in Schokolade gehörte er zu Goethes Lieblingsspeisen. Der Zwieback bewährte sich zudem als Säuglingsnahrung . Generationen wurden mit dem Gebäck aufgezogen. Mit Milch, Wasser und Obst ließ er sich zu einem proteinreichen Brei kochen.

Sogar im Ausland fand der Zwieback Gefallen. Es kamen Anfragen aus aller Welt. Emil Pauly, Begründer einer der berühmtesten Zwiebackfabriken in Friedrichsdorf, bewarb sich mit Erfolg um den Titel eines „Hoflieferanten seiner kaiserlichen und königlichen Hoheit, des Kronprinzen“. Neben dem Kaiser in Berlin war auch der Zar in Russland dem Gebäck durchaus zugeneigt.
Friedrichsdorfer Zwieback – ein Qualitätsprodukt

Friedrichsdorfer Zwieback stand für Qualität und avancierte zu einem frühen Markenbegriff, so dass es sogar zu Produktpiraterie kam, man etwa in Berlin oder Karlsruhe Friedrichsdorfer Zwieback herstellte. Daher fügten die Friedrichsdorfer Fabrikanten auf die Verpackung aus Pergament oder Blech das Prädikat „echt“ hinzu. Auf den von der Fa. Emil Pauly in der Kurstadt Homburg befüllten Dosen stand als Herkunftshinweis „Bad Homburg bei Friedrichsdorf“. Etwa 120 Dosentypen und -motive aus Friedrichdorf und Bad Homburg sind bekannt. Diese Verpackungen dienten als wichtige Werbeträger.
Einige der Dosentypen und -motiven können in der Dauerausstellung bewundert werden.

Mit dem Zwieback geht es bergab
Doch mit dem wirtschaftlichen Wohlstand nach dem zweiten Weltkrieg begann der Niedergang der Zwiebackfabriken in Friedrichsdorf. Das einstmals hoch gelobte Gebäck bekam nun immer mehr das Image von Kinder- und Krankennahrung. Da half es auch nicht, dass Konrad Adenauer, nachdem er auf einer Bahnfahrt auf den Geschmack gekommen war, Bestellungen bei der Firma Bruder aufgab.
Hinzu kamen finanzkräftigere Konkurrenzfirmen, wie z. B. die Firma Brandt aus dem westfälischen Hagen, wobei Friedrich Brandt, der Leiter der Firma, seine Ausbildung in Friedrichsdorf absolviert hatte.

Ende der siebziger Jahre musste schließlich auch die traditionsreiche Firma Stemler ihre Produktion einstellen, so dass nur noch zwei Zwiebackfirmen übrigblieben: Pauly und Praum. Beide blickten zwar auf eine lange Geschichte zurück – die Pauly-Familie war verwandtschaftlich mit vielen anderen Zwiebackfirmen im Ort verbunden und bei Praum produzierte man seit vier Generationen Zwieback –, dennoch haben auch diese in den letzten Jahren ihre Zwiebackproduktion in Friedrichsdorf eingestellt.
Allein das Holzschild mit den Bäckerjungen am Ortseingang erinnert Einwohnerschaft und Besuch noch einmal an den geschichtsträchtigen Ort: Friedrichsdorf – die Stadt des Zwiebacks.