Öffentliche Bekanntmachungen - Archiv

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Öffentliche Bekanntmachung
19.03.2020: Allgemeinverfügung - Gruppenbildungsverbot

Allgemeinverfügung der Stadt Friedrichsdorf 18.03.2020 - Corona-Krise - Anordnung von Verboten gem. § 11 Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG)

 
In o.g. Angelegenheit ergeht zum Schutz der Bevölkerung vor dem ansteckenden Erreger Coronavirus (SARS-CoV-2) folgende

A L L G E M E I N V E R F Ü G U N G

 

1. 
Die Gruppenbildung von mehr als 5 Personen ist auf den nachfolgend aufgeführten Plätzen und Parkanlagen in Friedrichsdorf mit sofortiger Wirkung verboten:

  • Landgrafenplatz
  • Rathausvorplatz
  • Houiller Platz
  • Köppern Vorplatz Forum – Fritz-Levermann-Platz-

Vom Verbot nach Satz 1 ist der Betrieb des Wochenmarktes auf dem Landgrafenplatz ausgenommen.

Der konkrete räumliche Geltungsbereich ergibt sich aus den beigefügten Anlagen, die Bestandteil dieser Allgemeinverfügung sind.

2 .
Von der Regelung unter Nr. 1 ausgenommen sind notwendige Maßnahmen der Polizeibehörden oder des Verkehrs- und Ordnungsamtes zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

3.
Diese Allgemeinverfügung ist befristet bis einschließlich 19.04.2020. Eine Verlängerung der Frist wird vorbehalten.
 
4. 
Die sofortige Vollziehung wird hinsichtlich Ziffer 1 angeordnet.
 
Hinweis
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass laut Empfehlung des Robert-Koch-
Instituts im öffentlichen Bereich ein Abstand von 2 Metern zwischen Personen
eingehalten werden soll.

Begründung

I. Sachverhalt

Seit einigen Wochen ist das Coronavirus (SARS-CoV-2) zu einem ernsthaften Problem geworden.

Die weltweite Ausbreitung der von SARS-CoV-2 verursachten Lungenkrankheit (COVID-19) wurde am 11.03.2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt. Inzwischen sind auch in allen Bundesländern Infektionsfälle mit dem neuen Coronavirus bestätigt worden. In Hessen sind aktuell über 340 Fälle amtlich bestätigt.

Das Robert Koch-Institut (RKI) erfasst kontinuierlich die aktuelle Lage, bewertet alle In-formationen und schätzt das Risiko für die Bevölkerung in Deutschland ein. Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Bei einem Teil der Fälle sind die Krankheitsverläufe schwer, auch tödliche Krankheitsverläufe kommen vor.

Die Zahl der Fälle in Deutschland steigt weiter an. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit insgesamt als hoch eingeschätzt. Die Wahrscheinlichkeit für schwere Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zu. Die Belastung des Gesundheitswesens hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektion, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen (Isolierung, Quarantäne, soziale Distanzierung) ab und kann örtlich sehr hoch sein.

Die massiven Anstrengungen auf allen Ebenen des öffentlichen Gesundheitsdienstes verfolgen weiterhin das Ziel, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verzögern. Diese Anstrengungen sollten durch gesamtgesellschaftliche Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich sowie eine Reduzierung der Reisetätigkeit ergänzt werden. Dadurch soll die Zahl der gleichzeitig Erkrankten so gering wie möglich gehalten und Zeit gewonnen werden, um weitere Vorbereitungen zu treffen, wie Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Gruppen, Behandlungskapazitäten in Kliniken zu erhöhen, Belastungsspitzen im Gesundheitssystem zu vermeiden und die Entwicklung antiviraler Medikamente und von Impfstoffen zu ermöglichen.

siehe https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html.

Eine zentrale Maßnahme sind bevölkerungsbasierte kontaktreduzierende Maßnahmen, wie die Absage von Großveranstaltungen sowie von Veranstaltungen in geschlossenen Räumlichkeiten, bei denen ein Abstand von 1 – 2 Meter nicht gewährleistet werden kann. Wie in vergangenen Pandemien gezeigt werden konnte, sind diese bevölkerungsbasierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung durch Schaffung sozialer Distanz besonders wirksam, wenn sie in einem möglichst frühen Stadium der Ausbreitung des Erregers in der Bevölkerung eingesetzt werden. Das RKI appelliert in diesem Zusammenhang an jeden Einzelnen sowie an die Verantwortung der drei wichtigsten Akteure (Arbeitgeber, öffentliche Institutionen und die gesamte Gesellschaft).

siehe: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/12_20.pdf?__blob=publication 

II. Rechtsgrundlagen

zu 1)
Rechtsgrundlage ist § 11 Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG). Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde (hier: Magistrat der Stadt Friedrichsdorf, § 1 Abs. 1, § 2 HSOG) die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach den obigen Ausführungen besteht die Gefahrensituation, dass weitere Infektionen zu einer Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems (Krankenhäuser, Arztpraxen etc.) führen mit der Folge, dass eine adäquate medizinische Behandlung schwerwiegend erkrankter Personen nicht mehr gewährleistet werden kann.
So hat die Entwicklung in anderen europäischen Nachbarländern (z.B. Italien) gezeigt, dass ein gut funktionierendes Gesundheitssystem sehr schnell an seine Grenzen stößt, wenn es in einem kurzen Zeitraum zu vielen Neuinfektionen und damit einhergehenden Erkrankungen von Risikogruppen kommt.
Somit besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (hier: Gesundheit der Bevölkerung) eintreten wird.
Aufgrund dieser Sachlage ist der Magistrat der Stadt Friedrichsdorf berechtigt, die o.g. Anordnungen zu treffen. Im Hinblick auf die gefährdeten Rechtsgüter (Gesundheit der Bevölkerung, Aufrechterhalten des öffentlichen Gesundheitssystems) erfolgt diese Allgemeinverfügung auch in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens. Bei der eingangs geschilderten Sachlage war das Entschließungsermessen dahingehend auszuüben, dass zwingend gehandelt werden muss. 
Auch das Auswahlermessen wurde pflichtgemäß ausgeübt. Der Infektionsgefahr kann u.a. durch Maßnahmen auf den öffentlichen Plätzen und Parkanlagen, bei denen generell größere Menschenansammlungen möglich sind, begegnet werden. Gemäß den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes ist davon auszugehen, dass Menschenansammlungen die Infektionsrate erhöhen.
Aus diesem Grund wurde vorliegendes Mittel (Verbot der Gruppenbildung von mehr als 5 Personen) ermessensfehlerfrei gewählt. Da dem Ziel nach jedermann betroffen sein kann, waren die o.g. Anordnungen in Form einer Allgemeinverfügung zu treffen.
Die Allgemeinverfügung ist im Übrigen auch erforderlich, geeignet und verhältnismäßig. Das legitime Ziel, die Gesundheit der Friedrichsdorfer Bürger und anderer Personen sicherzustellen, kann nur durch die o.g. Maßnahmen bzw. Verbote erreicht werden. Insofern ist diese Allgemeinverfügung erforderlich.
Sie ist darüber hinaus auch ein geeignetes Mittel, denn bei erfolgreicher Beachtung der o.g. Verbote kann das Risiko einer Infektion durch andere Menschen verringert werden. Eine andere, gleich effektive Maßnahme ist zudem nicht ersichtlich.
Vom Verbot der Gruppenbildung ist der Betrieb des Wochenmarktes ausgenommen, da dieser der Daseinsvorsorge (Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln) dient.
III. Zwangsmittel
Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Allgemeinverfügung wird hiermit das Zwangsmittel des Zwangsgeldes nach § 71 Abs. 1 HessVwVG in Verb. m. § 48 Abs. 1 Nr. 2 u. § 50 HSOG in Höhe von 10,00 € bis 50.000,00 € angedroht.
zu 2)
Diese Allgemeinverfügung wird zunächst bis einschließlich 19.04.2020 befristet und orientiert sich damit an vergleichbaren Entscheidungen anderer Behörden. Es ist zu erwarten, dass sich bis zum 19.04.2020 ein erneuter Bewertungsbedarf ergibt, der ggf. eine Verlängerung erforderlich macht.
zu 3)

Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung

Im vorliegenden Fall ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Allgemeinverfügung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geboten. Das öffentliche Interesse, Schaden von der Gesundheit der Bevölkerung abzuwenden, überwiegt gegenüber dem Interesse des einzelnen Bürgers, ohne Einschränkungen eine Gruppe zu bilden.
Oder mit anderen Worten ausgedrückt: der Bürger wird es hinzunehmen haben, nicht mit mehr als 5 Personen auf den benannten öffentlichen Plätzen zusammen zu sein, wenn dadurch das Infektionsrisiko auf ein Mindestmaß beschränkt werden kann und höherrangige Rechtsgüter geschützt werden.
Ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung hätten Rechtsbehelfe gegen die Allgemein-verfügung aufschiebende Wirkung. Ein Abwarten von Entscheidungen in Rechtsbehelfsverfahren ist hier nicht zumutbar, da gegen diese Allgemeinverfügung der Rechtsbehelf des Widerspruchs und hiernach eine Klage statthaft sind. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens und eines sich ggf. anschließenden Klageverfahrens würde in jedem Fall einige Zeit in Anspruch nehmen, die dem legitimen Zweck, die Gesundheit der Bevölkerung als höherrangigem Rechtsgut schnellstmöglich und effektiv zu schützen, zuwiderlaufen würde. Dies gilt umso mehr, als die Corona-Krise bereits als weltweite Pandemie eingestuft ist.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim
Magistrat der Stadt Friedrichsdorf
Hugenottenstraße 55
61381 Friedrichsdorf
zu erheben. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweise sollen angegeben werden.
 
MAGISTRAT der Stadt Friedrichsdorf
Horst Burghardt
Bürgermeister

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