Marie Blanc engagierte sich auf vielfältige Weise in ihrer Heimatstadt, sorgte für das Wohlergehen ihrer Eltern und Verwandten und spendete große Summen für Arme und Bedürftige. Ihre beiden Töchter heirateten in den europäischen Hochadel ein.
Nach dem Tod ihres Mannes 1871 führte sie dessen Geschäfte erfolgreich weiter, bis sie selbst vier Jahre später einem Schlaganfall erlag. Mit 48 Jahren starb sie in ihrem Schloss Moutiers in Frankreich und wurde im Familiengrab auf dem Friedhof „Père Lachaise“ in Paris beigesetzt.
Ihr Leben wurde von dem Schriftsteller Rolf Palm in seinem Roman „Ich schenke Dir Monte Carlo“ verewigt.
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Hier gibt es die lange Version der Friedrichsdorfer Schustertochter ...
„Im Jahr des Herren 1833, 23. September um 6.30 Uhr morgens ist dem Caspar Hensel und seiner Frau Catharine geb. Stemler ein erstes Kind, ein Mädchen, geboren, das die Namen Marie Charlotte erhielt.“ Schlicht, wie in der Hugenottengemeinde üblich, notierte Pfarrer Auguste Ceresole (1828–1842) Maries Geburt in das Taufregister, denn noch ahnte keiner, dass aus der kleinen Marie einmal eine der wohlhabendsten Frauen Europas werden sollte.
Ihr Vater, ein ehrbarer Handwerker, erwarb ein kleines Haus in der heutigen Taunusstraße 4 und zog dort mit seiner Frau und seinen Töchtern (Marie Sophie *1853) ein. Die Mutter Catharine verstarb als Marie noch keine sechs Jahre alt war. Der Vater heiratete 1840 erneut und dem Paar wurden elf weitere Kinder geboren. Trotzdem besuchte Marie die Schule und wurde im Alter von vierzehn Jahren als Dienstmädchen in das Haus des Homburger Spielbankpächters François Blanc vermittelt.
Als Getuschel und Gerede laut wurde, erschien der Vater des jungen Mädchens beim Spielbankkönig und stellte ihn zur Rede. Wenige Tage später schickte François Blanc die junge Schustertochter in eine Klosterschule nach Paris, wo das Paar am 20. Juni 1854 heiratete. Obwohl Blanc 27 Jahre älter war als sie – und damit sogar ein Jahr älter als ihr Vater –, führten die beiden eine glückliche Ehe. Schon bald wurden ihnen zwei Töchter, Louise und Marie, sowie ein Sohn, Edmond, geboren. Auch die beiden unehelichen Söhne Charles und Camille ihres Mannes nahm Marie in ihren Haushalt auf und ließ sie anerkennen.
Wohltäterin mit Herz und Geld
Zu Wohlstand gekommen, vergaß Marie ihre Friedrichsdorfer Familie nie. Alle wurden unterstützt und in gute Stellungen gebracht. Ein Bruder ihrer Mutter erhielt bei Blanc sogar den Posten eines Direktors. Bittstellern spendete sie großzügig. Für jeden hatte sie ein Herz und Geld. Ging sie aus dem Haus, führte sie ein Scheckbuch mit sich, aus dem sie für Bedürftige einfach ein vorgefertigtes Blatt herausriss.
Madame Blanc blieb ihrer Heimatstadt treu verbunden, stiftete namhafte Beträge für die Kirche und wohltätige Zwecke. Immer wieder unterstützte sie die Kleinkinderschulstiftung, die 1856 mit Hilfe von ihr und den Brüdern François und Édouard Desor (auch hier wurde das Vermögen erheiratet) eingerichtet worden war. Auch die Stiefmutter kam nicht zu kurz. Lange vor ihrer Heirat kaufte Marie das neben ihrem Geburtshaus gelegene Gartenstück. Ab 1855 bewohnten ihre Eltern bereits das große Haus Nr. 40, heute Hugenottenstraße 81.
Madame Blanc – Mutter von Monte Carlo
Trotz des geschäftlichen Erfolges blieb Homburg dem Franzosen Blanc fremd. Die Ärzte rieten ihm zudem zu einem Klimawechsel. So besichtigte das Ehepaar Blanc ein „heruntergekommenes Piratennest“ – Monaco. Mit seinen 7400 Einwohnern auf 21,6 Quadratkilometern war es damals noch kleiner als Homburg. Zwar existierte bereits seit 1856 eine Spielbank, dies allerdings mehr schlecht als recht. Auf Anraten von Marie griff ihr Mann ohne Zögern zu.
Blanc ließ seinen Homburger Architekten Louis Jacobi kommen und von ihm die bereits begonnenen Arbeiten am Bau von Casino und Hotel besichtigen. Jacobi erklärte alles für so „schleuderhaft“ und ungünstig angelegt, dass alles neu gemacht werden müsse. Als 1865 eine Zeitung sein Kasino abschätzig Spelunke auf dem Spelugues genannt hatte – nach dem Felsen, auf dem es stand –, schlug Blanc vor, der neuen aufblühenden Stadt den Namen des Fürsten zu geben. Der Aufschwung von Monte Carlo begann.
Die Zusammenarbeit mit dem Architekten Charles Garnier bewährte sich. Es war Marie Blancs Idee , an das Casino von Monte Carlo eine Oper zu bauen – noch heute ein eindrucksvolles Stilbeispiel für die „Belle Epoque“. Berühmteste Künstler der Zeit traten hier auf und Dichter Mery komponierte aus Verehrung für Marie Blanc sogar die Oper „Sous les Palmiers“ („Unter Palmen“). Als nach nur achtmonatiger Bauzeit zur feierlichen Eröffnung Sarah Bernhardt anreiste, schmückten 36.000 Rosen den Weg vom Bahnhof zum Hotel de Paris – die Zahl 36 stand für die Zahlen im Roulette, mal Tausend wegen der Gewinnchancen.
Das Spiel geht weiter
Als Gipfel des gesellschaftlichen Aufstiegs setzte Marie alles daran, die beiden Töchter in allerhöchste Kreise zu verehelichen. Zwar fehlte es nicht an Bewerbern, doch waren die „besten Männer“ gerade gut genug für die Blanc Töchter. Louise heiratete Prinz Constantin von Radziwill. Die Mitgift der Braut betrug stolze zwanzig Millionen Goldfranc. Das Paar bewohnte standesgemäß ein Palais an der Pariser Avenue d’Iena und eine Residenz nahe Paris, das Chateau d’Ermenonville.
François Blanc indes erkrankte an einer Bronchitis, von der er sich nicht mehr erholte. Er erlag seiner Krankheit 1877 im Alter von 71 Jahren . Seiner Familie hinterließ er ein Vermögen von 170 Millionen Goldfranc.
Es erwies sich nun von Vorteil, dass Marie von ihrem Mann immer in die Geschäfte einbezogen worden war – ein für die Zeit außergewöhnliches Verständnis von Gleichberechtigung, zwar üblich in kleinen Handwerkbetrieben, nicht aber in jenen Kreisen. Fortan führte Madame Blanc als Generaldirektorin der Casino-Gesellschaft die Spielbank erfolgreich weiter. Als „Lady Monte Carlo“ besaß sie bereits zu Lebzeiten einen legendären Ruf.
Das glanzvolle Ende
Überraschend ereilte Marie ihr eigenes Los. Umgeben von Glanz und Pracht starb Marie Blanc am 25. Juli 1881 im savoyischen Moutiers an einem Schlaganfall. Sie wurde neben ihrem Mann auf dem prominenten Pariser Friedhof Père Lachaise bestattet. Die prachtvolle letzte Ruhestätte lässt noch heute ihren unermesslichen Reichtum erahnen.
Die Kinder und Erben hatten ein halbes Jahr nach Maries Tod alles Goldene und Glitzernde versilbert. Den deutschen Teil des Nachlasses verwaltete Professor Louis Jacobi. Im Sinne von Marie Blanc erwarb er für ihre Eltern eine aufwendige Gruft, die noch heute erhalten ist und von der Stadt Friedrichsdorf gepflegt wird.