



Die französischen Glaubensflüchtlinge waren es, die in die überwiegend landwirtschaftlich geprägte Landgrafschaft Hessen-Homburg neue Handwerkskünste mitbrachten. So stellten sie zunächst Leinen und Strümpfe, später in erster Linie Flanell her, den sie vor allem nach Holland verkauften. Der Färberei von Wolle und Stoffen kam ebenfalls eine große Bedeutung zu. Davon zeugen die kleinen Färbhäuschen, die sich entlang der Hugenottenstraße reihen.
In der Zeit der wirtschaftlichen Blüte im 19. Jahrhundert entstanden viele mittelständische Familienunternehmen. Mit großem Erfolg stellten sie Hüte, Nudeln oder Leder her.
Weltbekannt wurde Friedrichsdorf jedoch durch den Zwieback. Bereits in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts backten die Friedrichsdorfer Bäcker ausschließlich den feinen Zwieback, der als Teegebäck gereicht oder zum Frühstück gegessen wurde. Um 1900 produzierten mehr als ein Dutzend Zwiebackbäckereien die süße Speise, die in alle Welt exportiert wurde.
Gemeinsam mit dem Gästeführer entdecken Sie viele interessante Spuren der ereignisreichen wirtschaftlichen Entwicklung im Stadtbild.
In den jeweiligen Bereichen der Dauerausstellung geben wir Ihnen einen umfassenden Einblick in alle wichtigen Friedrichsdorfer Wirtschaftsbereiche.
Details zu den wesentlichsten Wirtschaftsbereichen






Die Färberei in Friedrichsdorf
Fleiß und Tüchtigkeit der seit 1687 hier ansässigen Hugenotten brachten schnell Wohlstand in den eigens von Landgraf Friedrich II. für die neuen Siedler gegründeten Ort.
Vor allem das Färben von Stoffen beherrschten die Friedrichsdorfer gut. Aus allen Herren Länder kamen die Rohstoffe, mit denen Tuch lichtecht und bunt eingefärbt wurde. In kleinen Färbhäuschen neben dem eigentlichen Wohnhaus färbte man so in großen Kesseln „kalt“ oder auch „warm“.
Die Färberpflanzen aus den exotischen Ländern, wie z. B. Indigo aus Indien oder Blauholz aus Südamerika, waren viel ergiebiger und leuchtender im Ergebnis als einheimische Produkte. Die Rezepturen waren natürlich geheim, und ein Geselle musste bei seiner Seligkeit schwören, diese nicht preiszugeben. Aufwendig war die Prozedur für Mischtöne, etwa Grün, Violett und Orange. Erst nachdem der Stoff eine Grundfarbe erhalten hatte, tauchte man ihn in ein weiteres Farbbad, das dann den gewünschten Ton erzeugte. Muster wurden mit Modellen aus Holz von Hand vor dem Färben aufgebracht.
Bis in das ausgehende 19. Jahrhundert wurde in Friedrichsdorf Wolle und Tuch gefärbt. Mit dem Aufkommen der chemischen Farben wurde das Färben von Hand aber zu teuer, so dass die traditionelle Färberei in Friedrichsdorf stark zurückging und schließlich zum Erliegen kam. Fortan verlegte man sich auf die Herstellung von Zwieback.
Einige Färberpflanzen
Waid
Als wichtigster farbstoffliefernder Rohstoff des Mittelalters prägte diese Pflanze das Wirtschaftsleben Europas. Zur Gewinnung der Färbküpe werden die getrockneten Blätter mit Hilfe von Urin und Alkohol einem langen Gärungsprozess ausgesetzt.
Indigo
Der „König der Farbstoffe“ verdrängte seit dem 17. Jahrhundert wegen seines höheren Farbstoffgehaltes den einheimischen Waid. Noch heute werden die meisten Markenjeans mit Indigo gefärbt.
Krapp
Diese Pflanze enthält einen der ältesten verwendeten Farbstoffe. Lediglich in den Wurzeln findet sich der rotfärbende Bestandteil Alizarin, der in Alkohol recht gut löslich ist.
Reseda
Dieses Kraut war früher besonders häufig an Bahndämmen zu finden. Die getrockneten Pflanzenteile enthalten den Farbstoff Luteolin, der ein beständiges, leuchtendes Gelb auf allen Geweben erzeugt.
Galläpfel
Das pflanzliche Gewebe bestimmter Eichenarten wird durch die Eiablage der Gallwespe zum Wachstum angeregt. Aus der Gerbsäure dieser Auswüchse lassen sich graue – meist zum Vorbeizen für andere schwarze Farbstoffe verwendete – Töne erzielen.
Conchenille
Der rote Farbstoff der Karminsäure wird aus dieser schmarotzend auf Kakteen lebenden Laus gewonnen. Besonders große Mengen enthalten die Larven dieser Insekten, die überbrüht, getrocknet und anschließend zermahlen werden.






Haller Nudeln gehen prächtig auf
Mehr durch einen Zufall wurde Theodor Haller (1869 -1922), ein gebürtiger Schwabe aus Stuttgart, Nudelfabrikant in Friedrichsdorf, denn eigentlich wollte er in dieser Stadt nur ein Praktikum bei der Hutfabrik Rousselet machen. Wahrscheinlich diente es zur Vorbereitung auf den Einstieg in die väterliche Hutfabrikation.
Doch in Friedrichsdorf lernte der Schwabe Louise Armine Gauterin (1870–1945) kennen. Heiraten durfte er sie aber nach dem Willen ihres Vaters nur, wenn er auch in der Hugenottenstadt bliebe.
So nutzte er seine Chance, als der kleine Bäckereibetrieb des Emil Guillaume Garnier, der kurz zuvor bei einem Unfall ums Leben gekommen war, zum Verkauf stand. Nachdem die Witwe die Bäckerei nicht halten konnte, übernahm Haller 1891 die Firma mitsamt ihren fünf Arbeitern. In den kommenden Jahren expandierte das Unternehmen gewaltig: 1916 beschäftigte Haller bereits 130 Arbeiter, 30 Beamte und etwa 150 Vertreter. Auch verschiedene Neubauten und Neueinrichtungen kamen mit der Zeit hinzu, so dass sein Fabrikgebäude 1910 bereits 9.000 Quadratmeter umfasste.
Als Patron stand Haller Familie und Firma vor, galt als sparsam und konservativ. Dennoch betrachtete er die gesetzlichen Sozialleistungen als positiven Fortschritt, wenn er auch zugleich die Arbeitnehmerorganisationen ablehnte. Anerkannt war Haller vor allem unter seinen Kollegen, denen er seit 1900 als Vorsitzender des Verbandes deutscher Teigwarenfabrikanten vorstand.
Um die Jahrhundertwende beschloss der Fabrikant einen Umzug aus der Hugenottenstraße in die 1905 nach Plänen des Architekten Heinrich C. Foeller (1861–1935) erbaute Villa in der Taunusstraße 17.
Die Haller Nudelfabrik und ihr Erfolgsgeheimnis
Das Erfolgsgeheimnis seines Unternehmens war die gleichbleibend gute Qualität in einer Zeit, als es noch keine gesetzlichen Vorschriften für Nahrungsmittel gab. Kein Wunder, dass man sogar unter Aufsicht des Homburger Rabbis koschere Eiernudeln für den Export produzieren durfte.
Die Haller Nudelfabrik stand also für hochwertige Waren und schöne Verpackungen, denn von Anfang an wusste Theodor Haller die Werbung gezielt einzusetzen. Nicht nur die Verpackungen der Haller Nudeln mit Märchenmotiven waren mit großer Sorgfalt ausgewählt, sondern auch Kunstpostkarten, Serienbilder und Emailleschilder begeisterten die Käufer für Haller Nudeln. Plakate und Reklamemarken vervollständigten das Werbeangebot.
Bereits 1898 erhielt Theodor Haller in Hamburg für seine Produkte die erste Goldmedaille.Dieser Auszeichnung sollten noch weitere folgen:
1900 bekam er auf der Weltausstellung in Paris und 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis weitere Goldmedaillen. Die Qualität seiner Nudeln war in ganz Deutschland bekannt, und er selbst warb in einem Werbeprospekt für seine technischen und vor allem hygienischen Fabrikeinrichtungen.
Der Erfolg der Hallerschen Nudelfabrik endete leider im Jahr 1973, als das Unternehmen zunächst von der Konkurrenzfirma Birkel aufgekauft und schließlich fünf Jahre später (1982/83) ganz geschlossen wurde. Theodor Haller musste dies allerdings nicht mehr miterleben. Er starb bereits am 20. März 1922. Damit verschwand erstmals ein bedeutendes Unternehmen aus Friedrichsdorf.






Vom Zylinder zum Filzhut - Daniel Rousselet Hutfabrik
Die Geschichte der Daniel Rousselet Hutfabrik in Friedrichsdorf ist eine faszinierende Reise in die Welt des Hutmacherhandwerks. Gegründet 1821, wurde die Fabrik schnell zu einem bedeutenden Zentrum für die Herstellung von hochwertigen Hüten.
Daniel Rousselet, ein visionärer Unternehmer, brachte sein Wissen und seine Leidenschaft für das Hutmachen aus Frankreich mit und setzte neue Maßstäbe in der Branche.
Anfangs war vor allem sein seidener Zylinder beliebt, den eine besondere Leichtigkeit auszeichnete. Die Hüte fanden nicht nur in Deutschland, sondern auch international großen Anklang und wurden zum Symbol für Eleganz und Stil. Trotzdem schätze Philipp Reis den Zylinder gar nicht und bezeichnete ihn gar als „Angstrohr“.
Ob der Erfinder sich mit den Filzhüten besser anfreunden konnte? Für diese war das Fell von drei bis vier Kaninchen nötig, um zunächst Stumpen zu filzen, ehe daraus über einer Form ein Hut wurde. Noch in den 1950er Jahren entstanden hier täglich 2.000 Hüte, die in die ganze Welt verschickt wurden. Die Hutfabrik zeichnete sich durch ihre handwerkliche Qualität und die Verwendung erstklassiger Materialien aus. Die Mitarbeiter – viele von ihnen erfahrene Hutmacher – arbeiteten mit Hingabe und Präzision, um einzigartige Stücke zu schaffen, die sowohl stilvoll als auch funktional waren.
Im Laufe der Jahre erlebte die Hutfabrik verschiedene Herausforderungen, darunter wirtschaftliche Umbrüche und den Wandel der Mode. Doch die Tradition des Hutmacherhandwerks wurde stets bewahrt. Erst als sich in den 1970er Jahren die Mode änderte, wurde aus der Kopfbedeckung ein alter Hut und die Betriebe schlossen.
Heute ist die Daniel Rousselet Hutfabrik nicht nur ein Teil der Friedrichsdorfer Wirtschaftsgeschichte, sondern auch ein lebendiges Erbe, dass die Kunst des Hutmachens am Leben hält und zukünftige Generationen inspiriert. Die Fabrik steht für Handwerkskunst, Innovation und die Liebe zum Detail – Werte, die in jeder Kreation spürbar sind.



Lederwarenfabrik ein Teil des Kulturellen Erbes
Die Lederwarenfabrik Emil C. Privat in Friedrichsdorf hat eine bedeutende Geschichte, die eng mit der Entwicklung der Lederwarenindustrie in der Region verbunden ist.
Gegründet im Jahr 1920, wurde die Fabrik schnell zu einem wichtigen Akteur in der Herstellung von hochwertigen Lederprodukten. Emil C. Privat, der Gründer, war ein erfahrener Handwerker, der die Kunst der Lederverarbeitung meisterte und innovative Techniken einführte, um die Qualität seiner Produkte zu gewährleisten.
Die Fabrik stellte eine Vielzahl von Lederwaren her, darunter Taschen, Geldbörsen, Gürtel und andere Accessoires. Die Produkte von Privat waren bekannt für ihre sorgfältige Verarbeitung, Langlebigkeit und ihr stilvolles Design. Durch die Verwendung von erstklassigem Leder und die Kombination traditioneller Handwerkskunst mit modernen Fertigungsmethoden konnte die Fabrik einen hervorragenden Ruf erlangen.
Im Laufe der Jahre erlebte die Lederwarenfabrik verschiedene Herausforderungen, darunter wirtschaftliche Veränderungen und den Wandel in der Modeindustrie. Dennoch blieb die Marke Privat für ihre Qualität und Handwerkskunst bekannt und konnte sich erfolgreich am Markt behaupten.
Die Lederwarenfabrik Emil C. Privat trug nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung Friedrichsdorfs bei, sondern war auch ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Die Tradition des Handwerks und die Werte von Qualität und Nachhaltigkeit, die in der Fabrik gelebt wurden, sind auch heute noch von großer Bedeutung und inspirieren neue Generationen von Handwerkswerkleuten und Unternehmensführungen.
Heute ist die Geschichte der Lederwarenfabrik ein Teil des kulturellen Erbes von Friedrichsdorf und erinnert an die Innovationskraft und das handwerkliche Können, die die Region geprägt haben.