News aus dem Museum

803 Jahre - Große Abschlussfolge des städtischen Podcasts Friedrichsdorfer Stadtgespräch

Newsbild: 803 Jahre - Große Abschlussfolge des städtischen Podcasts Friedrichsdorfer Stadtgespräch

BU: Die Sonderausstellung im Heimatmuseum kann noch bis Ostern besucht werden

Nach nunmehr 10 Folgen aus der Geschichte des Friedrichsdorfer Stadtteils Burgholzhausen endet die Staffel „StadtGespräch“ mit einer besonderen Rückschau. Dabei blicken die beiden Historiker Dr. Erika Dittrich und Robert Hübner Morgado nicht nur in Vergangenheit, sondern versuchen, das Wesen des Holzhäusers zu ergründen. Bei ihren Recherchen beobachten sie, dass sich die Einwohner nicht allein von Fleisch ernähren. Die Expedition begleitet Bürgermeister Lars Keitel, der von den feierfreudigen Holzhäusern und besonders vom großen und wahrlich heißen Festwochenende zur 800-Jahr-Feier erzählt.  Was charakterisiert also die Holzhäuser und warum gelten sie als Scharnier zur Wetterau? Zu guter Letzt wagt er noch einen Blick in die Zukunft. 

Nachzuhören ist die Staffel über das Reichsdorf Holzhausen auf der Website der Stadt Friedrichsdorf.

Zu den Podcasts "Friedrichsdorfer Stadtgespräch" >>>

Die Sonderausstellung im Heimatmuseum Seulberg ist noch bis Ostern an den üblichen Öffnungszeiten zu sehen. Hier kann an der Medienstation sogar ein eigens von Reiner Harscher produzierter Film abgerufen werden, bei dem auch viele Holzhäuser zu Wort kommen. 

Über Fragen und Anregungen freut sich das Stadtarchiv unter 06172 / 7313106 oder per Mail museen@friedrichsdorf.de
 

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Friedrichsdorfer Stadtgeschichte - neuer Podcast Folge 10: Vom Löscheimer zur Drehleiter – Die Feuerwehr Burgholzhausen

Newsbild: Friedrichsdorfer Stadtgeschichte - neuer Podcast Folge 10: Vom Löscheimer zur Drehleiter – Die Feuerwehr Burgholzhausen

BU:  Mit dem Spritzenwagen konnten Brände schneller gelöscht werden

Auch wenn die offiziellen Feierlichkeiten zum Jubiläum „800 Jahre Burgholzhausen“ längst beendet sind, gibt es noch viel über die Geschichte des Ortes zu erfahren. Daher haben im Stadtarchiv Dr. Erika Dittrich und Robert Hübner Morgado noch einmal historische Akten entstaubt, um in weiteren spannenden Folgen Wissenswertes und Interessantes über den pittoresken Friedrichsdorfer Stadtteil jenseits der A5 zu berichten. 

Um die Autobahn geht es dann auch in der nunmehr neunten Folge der Hörstücke. Seit 1937 teilte die „Strecke 30“ die Holzhäuser Gemarkung und war Teil eines Planes, der bereits ein Jahrzehnt zuvor von der HaFraBa ersonnen worden war. Dieser Verein hatte es sich zum Ziel gesetzt, eine Autostraße vom Norden des Deutschen Reiches bis hinunter nach Basel anzulegen. Zuhörer erfahren zudem, was es mit dem „Autowandern“ auf sich hat, und warum auf der Autobahn sogar die Ernte eingefahren wurde. 

Gleichzeitig erscheint eine zweite eine Folge der Hörstücke, die der Feuerwehr in Burgholzhausen gewidmet ist. Brennt es, rückt diese in Windeseile mit Löschwagen und Martinshorn zu jeder Tages- und Nachtzeit aus. Und gegen Brände hatte das Dorf schon immer zu kämpfen: 1576 legte ein Feuer nahezu ganz Holzhausen in Schutt und Asche. Damals mussten alle Einwohner gemeinsam den Flammen trotzen – bewehrt nur mit ledernen  Löscheimer, denn Schläuche gab es noch nicht. Später musste jeder einen Ledereimer spenden, wollte er Bürgerrechte erhalten. Pferdebesitzer hielten sich als Wasserfahrer bereit.

Erst 1935 gründete sich um Georg Jacobi dann mit der Freiwilligen Feuerwehr ein organisierter, professionell ausgestatteter Löschtrupp. Wer mehr über Feuerläufer, Motorspritzen und neue Schläuche erfahren möchte, klickt einfach die Hörstücke über das Reichsdorf Holzhausen auf der Website der Stadt Friedrichsdorf an.

Über Fragen und Anregungen freut sich das Stadtarchiv unter der Telefonnummer 06172 / 7313-106 oder per Mail museen@friedrichsdorf.de

 

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Vor 190 Jahren geboren: Armenarzt mit Dienstpferd – Geheimer Sanitätsrat Dr. Ludwig Fuchs

Newsbild: Vor 190 Jahren geboren: Armenarzt mit Dienstpferd – Geheimer Sanitätsrat Dr. Ludwig Fuchs

Nicht nur Philipp Reis feiert in diesem Jahr seinen 190. Geburtstag, sondern auch sein Arzt Dr. Ludwig Fuchs. Beide wurden nicht nur im Januar geboren, sondern beider Väter waren Bäcker und beide tauften ihre Kinder auf die Namen Elise und Charles. Und noch heute lebt das Wirken des Armenarztes in der „Sanitätsrat-Dr.-Fuchs-Stiftung“ fort.

Geboren wurde Ludwig Fuchs am 21. Januar 1834, gegen sechs Uhr abends als Sohn des Bäckers Heinrich Jakob Fuchs und seiner Ehefrau Susanna Catharina in Meisenheim am Glan, das seit 1815 zur kleinen Landgrafschaft Homburg gehörte. In der örtlichen Schule bekam der Junge sehr gute Benotungen, allein in Deutsch und später in Naturkunde war er nur „gut“. Mit diesen Voraussetzungen nahm er in Würzburg das Studium auf und konnte es bereits mit 19 Jahren 1853 mit der Promotion abschließen.

Bevor Fuchs sich nun aber als Arzt in Friedrichsdorf niederlassen durfte, prüfte die Homburger Regierung seine Fähigkeiten und schließlich erhielt er am 12. April 1853 das Decret zur „Ausübung der Medicin, Chirurgie und Geburtshilfe im Landgrafenthum“. Bereits vier Jahre später (1857) ernannte Landgraf Ferdinand ihn zum „Physikalischen Assistenten“. Dafür bezog er aus der „Wittwen- und Waisen-Casse“ ein Jahresgehalt von 150 Gulden – weitere 150 Gulden kamen für ein Dienstpferd hinzu. Nun konnte Dr. Fuchs an die Gründung einer Familie denken und ehelichte am 21. Juli 1859 Marie Frederike Elisabeth Rousselet (1840-1919). Damit heiratete der Mediziner in eine angesehene Hugenottenfamilie ein. Seine Braut war das, was man gemeinhin „eine gute Partie“ nennt, brachte sie doch eine Aussteuer im Wert von rund 5.000 Gulden mit in die Ehe. Und nachträglich quittierte Fuchs in die detaillierte Auflistung der mitgebrachten Güter seinem Schwiegervater den Erhalt von weiteren 1.075 Gulden, denen nochmals 1.000 Gulden folgten. Die Familie – seine Frau hatte ihm zwei Kinder geboren, die auf die Namen Elise (geboren 1866) und Charles (geboren 1862) getauft wurden – wohnte in der Hauptstraße 84. 

Heute stehen Wohnhaus und Praxis nicht mehr, sie wurden durch die Salusklinik ersetzt. Die Lebensführung der Familie war eher sparsam und einfach, obwohl sich der anerkannte Arzt durchaus mehr Luxus hätte leisten können. Doch rege nahm Dr. Fuchs am gesellschaftlichen Leben Friedrichsdorfs und Homburgs teil. Pünktlich nachmittags um 5 Uhr setzte er seinen Zylinder auf, um zum Stammtisch im „Weißen Turm“ zu fahren. Auch politisch war er sehr interessiert, beschäftigte sich mit sozialistischen Ideen, trat aber dennoch dem „Reichsverband gegen die Sozialdemokratie“ bei. Zudem war er Mitglied zahlreicher Vereine und engagiert sich in beruflichen Vereinigungen. Mehrfach erhielt der physikalische Assistent „auf Befehl seiner Majestät des Kaisers und Königs“ Auszeichnungen: So wurde er 1874 zum „Kreiswundarzt“ im Obertaunuskreis ernannt. Nun gehörte die unentgeltliche medizinische Versorgung der Armen zu seinen Aufgaben, was er in einer Zeit des Typhus und der Schwindsucht auch mit besonderer Hingabe tat. Zugleich behandelte der Friedrichsdorfer Arzt die Schüler am renommierten Institut Garnier. Dort hatte man während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 ein Lazarett eingerichtet, in dem hingebungsvoll die Frau des Institutsleiters Verwundete pflegte. Zu seinen Patienten gehörten aber nicht nur die Schüler, sondern Fuchs behandelte auch den schwer an Tuberkulose erkrankten Philipp Reis, bis dieser 1874 seiner Krankheit erlag. In jenem Jahr hatte der Arzt noch zahlreiche an Typus erkrankte Patienten zu behandeln. 

Eigenhändig unterschrieb Kaiser Wilhelm II. die Patente zur Ernennung zum „Sanitätsrath“ (1898), der später der „Geheime Sanitätsrath“ folgte (1907). Am 27. März 1901 eröffnete ihm der Regierungspräsident, dass er „vom 1. April dieses Jahres an nicht weiter verwendet wird.“, sollte aber noch „fünf Jahre lang zur Verfügung stehen“. Doch in Friedrichsdorf praktizierte der allseits beliebte Arzt weiter. Erst im Alter von 82 Jahren beantragte der leidenschaftliche Mediziner die Niederlegung seines Amtes als Armenarzt. Seine besonderen Leistungen würdigte die Stadt, indem sie ihm das volle Gehalt als Pension gewährte. Doch lange wurde die Stadtkasse nicht strapaziert. Am 5. Februar 1920, ein halbes Jahr nach dem Tode seiner Frau, starb Dr. Ludwig Fuchs im Alter von 86 Jahren. 65 Jahre lang hatte er als praktischer Arzt in Friedrichsdorf die „Medicin, Chirurgie und Geburtshilfe“ ausgeübt und sich mit großer Hingabe für die Armen eingesetzt. Seine medizinische Nachfolge trat Dr. Friedrich Neiß an. 

Sein Vermächtnis erfüllt seine Tochter Elise. Nach dem Tode ihres Bruders Karl, er hatte als Apotheker in Frankfurt gearbeitet und die letzten Lebensjahre in Friedrichsdorf verbracht, gründete sie 1930 die „Sanitätsrat-Dr.-Fuchs-Stiftung“. Grundvermögen, Wertpapiere und Hypothekenforderungen bildeten die Grundlage der Stiftung, deren Zweck zum einen der Erhalt der Kleinkinderschule, also des Kindergartens, war. Der größte Anteil aber sollte „wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken“ zufließen, „in denen die Verwendung öffentlicher Gelder ausgeschlossen ist“. In die Stiftung flossen nach dem Tode der Tochter das Wohnhaus mit Garten im Wert von 5.500 Reichsmark, ferner Wertpiere und Hypotheken im Wert von 40.517 Reichsmark sowie Sparbücher und Mobiliar im Wert von 9.483 Reichsmark, insgesamt also die stolze Summe von 55.500 Reichsmark. In seinem Testament hatte Dr. Fuchs auch das Stiftungsgremium festgelegt, dessen Vorsitz bis heute der jeweils amtierende Bürgermeister übernimmt. Leider beeinträchtige die Währungsreform 1948 wesentlich das Geldvermögen, denn Guthaben bei Sparkassen unterlagen der Reichsmarkabwertung; die Zinserträge schrumpften. Jedoch erfüllen bis heute Einnahmen aus dem Grundeigentum die Erfüllung des Stiftungszwecks. 

Um an die bedeutende Persönlichkeit der Stadt zu erinnern, wurde 1977 ein Teil der Lindenstraße (Schwimmbadstraße) in Dr.-Fuchs-Straße umbenannt. Erhalten und gepflegt wird auch noch die Grabstätte. Die Inschrift des Grabsteins verweist auf das Leben des mildtätigen Mediziners: „Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind es achtzig Jahre, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen, es fahret schnell dahin, als flögen wir davon. (90. Psalm).“

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Vor 150 Jahren starb der Telefonerfinder Philipp Reis (1834 - 1874)

Newsbild: Vor 150 Jahren starb der Telefonerfinder Philipp Reis (1834 - 1874)

BU: Bilder zu Philipp Reis (Stadtarchiv)

„Ich habe der Welt eine große Erfindung geschenkt, anderen muß ich überlassen, sie weiterzuführen“, hauchte auf dem Sterbebett Philipp Reis seinem Freund und einstigen Lehrer Louis Frédéric Garnier entgegen. In vollem Bewusstsein nahm der Telefonerfinder von Familie und Freunden Abschied, als er am 14. Januar 1874 um 4.30 Uhr starb. 

Schon lange war der Lehrer am renommierten Institut Garnier an Tuberkulose erkrankt, und kaum mehr konnte er seine Schüler mit flüsternder Stimme unterrichten. Zuletzt kamen sie in sein Haus, doch nach Neujahr konnte Reis das Bett nicht mehr verlassen. Den Erreger der Tuberkulose entdeckte Robert Koch erst 1882, zu spät für Reis.

Um für seine Schüler den Unterricht anschaulicher zu gestalten, hatte Philipp Reis oft Modelle gebaut. Als die „Gehörwerkzeuge“ auf dem Stundenplan standen, schnitze er ein Holzohr. Bereits während seiner eigenen Schulzeit hatte er sich mit der Frage beschäftigt, wie man denn Töne in die Ferne übertragen könne. Nun kam ihm die zündende Idee: Aus einem Holzohr, einer Stricknadel und einer Geige entwickelte er um 1860 das erste Telefon. 

Ein Jahr später, am 26. Oktober 1861, demonstrierte er dann erstmals öffentlich seine Erfindung. Als Forum hatte er den Physikalischen Verein gewählt. Die 1824 gegründete Gesellschaft, Grundzelle der späteren Universität, arbeitete eng mit dem Senat der Stadt Frankfurt zusammen, um Wissenschaft und Praxis zu verbinden. Seit zehn Jahren war Reis bereits Mitglied, als er dort seinen Vortrag „Über die Fortpflanzung musikalischer Töne auf beliebige Entfernungen durch Vermittlung des galvanischen Stromes“ hielt. 

Dazu ließ er den einen Teil seines Apparates in einem etwa 150 Meter entfernten Gebäude (dem Bürgerspital) aufstellen und Fenstern und Türen verschließen. Als man dann Melodien hineinsang, konnte man diese im Sitzungssaal am zweiten Teil des Apparates hören. Man staunte über diese Konstruktion, hatte aber nur wenige Visionen, wie dieses Gerät nutzbar gemacht. Reis selbst schloss seinen in der Vereinszeitung veröffentlichten Vortrag mit dem Hinweis, „zur praktischen Verwerthung des Telephons dürfte vielleicht noch sehr viel zu thun übrig bleiben. Für die Physik hat es wohl schon durchaus hinreichend Interesse, dass es ein neues Arbeitsfeld eröffnet.“ In den folgenden Jahren entwickelte Philipp Reis sein Telefon ständig weiter, um die Sprachübertragung zu verbessern, doch der erhoffte Erfolg und die ersehnte wissenschaftliche Anerkennung blieben aus. 

Der Erfinder

Geboren wurde Philipp Reis am 7. Januar 1834 in Gelnhausen. Früh waise geworden, schickte seine Großmutter den damals 10-jährigen Bäckerssohn nach Friedrichsdorf in das Knabeninternat „Institut Garnier“. Leicht und gerne lernte er, wobei neben modernen Sprachen bereits sein Interesse für die Naturwissenschaften geweckt war. So folgte er nur widerwillig den Plänen seines Vormundes, dem Schneidermeister Christian Schmidt, und begann im Alter von 14 eine Lehre bei einem Frankfurter Farbenhändler. Nun entstanden bereits erste Erfindungen: An Schlittschuhen befestigte er kleine Metallrädchen und konstruierte so die ersten Rollschuhe. Doch erst zwanzig Jahre später, als der glatte Asphalt aufkam, fanden sie Verbreitung. Eine weitere Tüftelei war ein per Hebel angetriebenes Dreirad, das Velociped, mit dem Reis von Frankfurt über Hanau nach Gelnhausen fuhr. 

Nach seiner Zeit beim Militär nahm Philipp Reis in Frankfurt wieder naturwissenschaftliche Studien auf. Endlich wollte er sich seinen Traum erfüllen und in Heidelberg als Lehrer für Naturwissenschaften ausbilden lassen. Auf dem Weg dorthin besuchte er seinen alten Lehrer Louis Frédéric Garnier. Als Reis ihm seine Pläne eröffnete, bot Garnier ihm unverhofft eine Stelle an seinem international bekannten Institut an. Nun in sicheren Vermögensverhältnissen, setzte Reis zunächst sein Testament auf und dachte dann ans Heiraten. Seine Auserwählte war die Tochter seines Vormundes Margarethe Schmidt aus Gelnhausen. Zuvor aber kaufte Reis das Haus Hugenottenstraße 93, in dem heute das Museum (Philipp-Reis-Haus) untergebracht ist. 

Beliebt war Reis als Lehrer. Streng, aber gerecht, lautete das Urteil seiner Schüler, die ihm den Spitznamen „Schlosser“ gaben. Französisch lehrte er in den unteren Klassen, vor allem aber Physik, erhielt er doch für seine Experimente sogar einen Gehaltszuschlag. Als dann die Landgrafschaft Hessen-Homburg preußisch wurde (1866), wirkte sich dies auch auf das Schulsystem aus. Unterrichten durfte nur noch, wer ein Lehrerexamen nachweisen konnte – und das besaß Reis ja nicht. Da halfen auch keine Eingaben seines Arbeitgebers und seiner ehemaligen Lehrer. Fortan durfte er nur noch in den unteren Klassen unterrichten. 

Den Schreiben fügte er sein Curriculum vitae bei: Und hierin berichtete Reis von seiner genialen Erfindung: „Durch meinen Physikunterricht dazu veranlasst, griff ich im Jahre 1860 eine schon früher begonnene Arbeit über die Gehörwerkzeuge wieder auf und hatte bald die Freude, meine Mühen durch Erfolg belohnt zu sehen, indem es mir gelang, einen Apparat zu erfinden, der es ermöglicht, die Funktion der Gehörwerkzeuge klar und anschaulich zu machen. Mit welchem man aber auch Töne aller Art durch den galvanischen Strom in beliebiger Entfernung reproducieren kann. – Ich nannte das Instrument Telephon.“

Er schnitzte das Ohr nach, wobei eine Membran das Trommelfell simulierte und eine Metallzunge den Hammer. Verbunden war das Ohr über einen Kupferdraht mit einer Stricknadel. Geschlossen wurde der Stromkreis, indem Schallwellen eine Vibration der Membran auslösten, diese dann an den Metallstift kam und so den Strom weiterleitete. Erreichte dieser die um eine Stricknadel gewickelte Spule, baute sich ein Magnetfeld auf und die Nadel begann leicht zu vibrieren, wobei zarte Töne entstanden. Um diese dann lauter hörbar zu machen, stellte der befreundete Musiklehrer seine Geige als Resonanzkörper zur Verfügung. 

Die Scheune hinter seinem Haus hatte Reis zur Werkstatt ausgebaut, und von dort verlief der erste Telefondraht in das Wohnhaus. Als man das Telefon testete, sprach sein Schwager in den Geber (also das Ohr) und Reis wiederholte fehlerfrei die Sätze, die er am Nehmer (also der Stricknadel) verstand. Daraufhin machte man ihm den Vorwurf, er kenne das Buch ja auswendig. Also dachte sich der Sprecher Sätze aus, die scheinbar keinen Sinn ergeben, um es nachprüfbar zu machen. „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat.“ „Die Sonne ist von Kupfer“ lautete ein weiterer Satz. Reis verstand: Die Sonne ist von Zucker. Fehlerfrei war also die Übertragung noch nicht, und der Tüftler entwickelte seine Modelle weiter, bis er endlich am 26. Oktober 1861 vor den Mitgliedern des Physikalischen Vereins das von ihm entwickelte Telefon erstmals öffentlich vorstellte. 

In wissenschaftlichen Kreisen seiner Zeit wurden die Entwicklungen von Reis als „Spielerei“ abgetan. Dennoch ließ der Tüftler die Apparate von Mechaniker Wilhelm Albert (Frankfurt) in kleiner Serie bauen, zog eigenhändig die Membran auf und verschickte das Telephon samt Gebrauchsanweisung in ganz Europa und sogar nach Amerika. Auf der Weltausstellung in London war das Gerät ebenso zu sehen, wie auf der Homburger Gewerbeschau. Sogar dem österreichischen Kaiser wurde das Reis-Telefon vorgeführt, doch leider nicht vom Erfinder selbst. Physikern diente es als Experimentierobjekt oder wurde in wissenschaftliche Sammlungen aufgenommen. Der verdiente Erfolg blieb allerdings aus; denn Philipp Reis starb mit nur vierzig Jahren. Zuvor aber nahm er Abschied von seiner Familie und seinen Freunden. Zu seinem alten Lehrer Garnier sagte er: „Ich habe der Welt eine große Erfindung geschenkt, anderen muß ich es überlassen, sie weiterzuführen.“

Und das taten sie: Bereits zwei Jahre nach dem Tod von Philipp Reis reichte der Amerikaner Alexander Graham Bell ein Patent auf das von ihm entwickelte Telefon ein, nur zwei Stunden bevor Elisha Gray sein Telefon patentieren lassen wollte. Nach Bells eigenem Eingeständnis hatte er jedoch die Arbeiten von Philipp Reis gekannt und verbessert. Nun erinnerte man sich, um die amerikanischen Patentgebühren zu umgehen, auch in Deutschland wieder an die Vorführungen von Philipp Reis. Schüler, Lehrerkollegen und bekannte Wissenschaftler setzten sich dafür ein, dass Reis der Ruhm zugestanden wurde, das erste brauchbare Telefon entwickelt zu haben. Der englische Physiker Silvanus Thompson verfasste die erste Biographie über den Telefonerfinder; doch Bell ließ kurzerhand die Auflage des Buches aufkaufen und vernichten. Denn in unzähligen Prozessen musste er nun nachweisen, zu welchem Zeitpunkt er den Reis-Apparat gekannt hatte. Leider hatte man während der Gerichtsverhandlungen nur einen Nachbau untersucht und kein Original des Friedrichsdorfers, so dass die Testergebnisse mangelhaft ausfielen. Zudem übersetzte man das deutsche Wort ‚Ton’ mit ‚music’ und argumentierte, Reis habe lediglich ein Instrument gebaut, mit dem er Musik übertragen habe. So blieb Bell das Patent erhalten und er konnte darauf sein Monopol begründen. Reis hingegen ging es weniger um einen kommerziellen Vorteil, sondern um eine wissenschaftliche Anerkennung seiner Leistung. Als diese ausgeblieben war, hatte er sich – ohnehin schwer krank – zurückgezogen. Als man ihm später anbot, seine Ergebnisse in Fachblättern zu veröffentlichen, antwortete er, es sei zu spät. 

Erst posthum kam der Erfinder zu Ehren: Der Physikalische Verein setzte seinem ehemaligen Mitglied 1878 einen Gedenkstein auf seinem Grab, später sogar noch ein Denkmal in der Frankfurter Wallanlage und damit ganz in der Nähe des Ortes, wo Reis erstmals sein Telephon öffentlich vorgeführt hatte. Zwar wurde bereits 1896 ein Denkmal-Comité gegründet, zur Ausführung kam es jedoch erst 1919. Eingelassen in den Grundstein ist eine Metallkapsel für die Ausgabe des Jahresberichtes von 1861, in dem Reis seinen Vortrag publiziert hatte. 

Zum 150. Todestag 

Anlässlich des 150. Todestages organisiert die Stadt Friedrichsdorf unter dem Signet „Philipp-Reis-Jahr 2024“ zahlreiche Veranstaltungen für Interessierte jeden Alters. So bietet etwa ein Spaziergang auf den Spuren von Reis die Möglichkeit, mehr über Familie Reis zu erfahren. An einem Nachmittag plaudert während einer Kostümführung „Frau Reis“ sogar aus dem Nähkästchen. Kinder können erkunden, wie die Kommunikation vor Erfindung des Telefons funktionierte, während sich die Workshops Handlettering und Alte Handschriften an Erwachsene richten. Die Feuerwehr hat ihren Tag der offenen Tür heuer unter das Motto „Notruf – der Draht zur schnellen Hilfe!“ gestellt. Dass der Fernsprecher auch als Tatwaffe missbraucht wird, erläutert ein Kriminalhauptkommissar. Kein Wunder also, wenn kein Krimi ohne Telefon auskommt, wie das Beispiel einer Krimilesung bezeugt. Sogar in die Kunst hat es Einzug gehalten, wovon ein Vortrag berichtet. 

Und wer eine eigene Telefongeschichte zu erzählen weiß, der ist aufgefordert sie aufzuschreiben und an das Stadtarchiv Friedrichsdorf zu schicken. Mehr Infos unter museen@friedrichsdorf.de.

Die Termine werden online und über die Presse jeweils gesondert angekündigt.   

 

 

 

 

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Eine Zeitreise für Grundschüler: Schulbuch zur Friedrichsdorfer Geschichte erschienen

Newsbild: Eine Zeitreise für Grundschüler: Schulbuch zur Friedrichsdorfer Geschichte erschienen

„Das Pferd frisst keinen Gurkensalat?“, was hat dieser merkwürdige Satz mit unserer Stadt Friedrichsdorf zu tun? Solche und andere Rätsel der Vergangenheit spürte das Autorenduo Claudia Syguda und Dr. Erika Dittrich auf, um kindgerecht die Friedrichsdorfer Vergangenheit zu erzählen. Ziel war es, gerade Grundschüler zur Beschäftigung mit der Heimatgeschichte einzuladen. Da in der Regel in der dritten Klasse die Heimatkunde unterrichtet wird, setzten die beiden genau hier an. Denn bisher gab es noch keine zusammenhängende Darstellung, die Grundschullehrer für ihren Unterricht nutzen konnten. Das soll sich nun mit dem vorliegenden Schulbuch ändern. 

In ihrem neuen Buch erzählen die beiden Autorinnen anschaulich und reich bebildert die Geschichte der vier Stadtteile mit ihren Eigenarten, stellen berühmte Persönlichkeiten wie den Telefonerfinder Philipp Reis, Marie Blanc oder Professor Wagner vor und zeigen, mit welchen Produkten Friedrichsdorf einst bekannt wurde. Das war übrigens nicht der Gurkensalat, sondern knuspriger Zwieback. Beschrieben wird aber auch, wie die Hugenotten ihre Farben herstellten oder wie die Wassermühlen am Erlenbach funktionierten.

Die Texte lockern sogenannte funfacts auf – kleine Infokästen mit heiteren Hinweisen –, denn wer weiß schon, dass Kinder früher ihr Taschengeld durch das Sammeln von Hundekot verdienten. Auf eine Textseite folgt dann ein Blatt mit eigens erfundenen Spielen oder kniffeligen Rätseln, die das neu Gelernte abwechslungsreich so vertiefen. 

Die in Köppern lebende Kinderbuchautorin Claudia Syguda liebt es, Geschichten in Reimen zu erzählen. Da Verse leichter zu merken sind, eignet sich diese Form für ein Lehrbuch besonders. In diesem Fall leiten sie – farblich abgesetzt – jeweils ein neues Kapitel ein. Geschichte für Kinder aufzubereiten, ist seit zwanzig Jahren ein Anliegen von Museumsleiterin Dr. Erika Dittrich, die daher für das neu gestaltete Philipp-Reis-Haus und das traditionell ausgerichtete Heimatmuseum Seulberg immer wieder besondere Angebote entwickelte. Schließlich erfand sie für das Heimatmuseum Seulberg das beliebte Maskottchen Sulinchen, das inzwischen weit über die Stadtgrenzen bekannt ist. Immer wieder gibt es daher auch im neuen Buch Hinweise, was sich noch alles in den Museen zu den spezifischen Themen entdecken lässt. Denn wer als Kind nicht an Geschichte und Museen herangeführt wird, besucht sie auch später nicht. Daher fügt sich schon gestalterisch das Layout in die Konzeption der örtlichen Vermittlungsprogramme sowie der Publikationen der Stabsstelle „Archiv und Museen“ ein. So tauchen etwa die neu entwickelten „Stadtfiguren“ der Kinderspur des Philipp-Reis-Hauses schon auf der Titelseite auf. 

Aus dem großen Fundus des Stadtarchivs stammen größtenteils die Fotografien, die extra angefertigte Grafiken und aktuelle Aufnahmen begleiten. Doch werden die Schüler immer wieder zum Malen aufgefordert. Daher wurde auch bei der Auswahl des Papiers auf die Nutzung geachtet.
Um die verschiedenen Stadtteile zu entdecken, stellte Frau Syguda Fragen und Aufgaben für vier Schnitzeljagden zusammen. Über einen eingedruckten QR-Code auf der Rückseite des Buchs werden Neugierige zur städtischen Homepage geleitet, auf der die Aufgabebögen hinterlegt sind. Die Zeitreise lässt so vor Ort das Gelesene wiederentdecken. 

Das 72-seitige Schulbuch wird nun kostenlos allen Friedrichsdorfer Schülern der dritten Klassen zur Verfügung gestellt. Möglich ist dies durch die großzügige Unterstützung der Mainova, die nach Vorlage des Konzeptes sofort die Übernahme der Kosten zusagte. Darüber freut sich Bürgermeister Lars Keitel besonders, denn die Auseinandersetzung mit der heimatlichen Geschichte fördert nicht nur die Identifikation und damit die Verbundenheit mit Friedrichsdorf und seinen Stadtteilen. Neben der Vermittlung von speziellem Wissen weckt und stärkt das Buch weitere Kompetenzen, die des Lesens, der Kreativität und logischen Denkens sind die wichtigsten davon. 

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Sonderausstellung im Heimatmuseum Seulberg 01.12.2023 - 31.03.2024

Sonderausstellung 802 Jahre Burgholzhausen

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800 Jahre Burgholzhausen - Faszinierende Geschichten und mehr ...

Die Chronik - 800 Jahre Burgholzhausen

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Für weitere Informationen steht Ihnen das Team der Stadt Friedrichsdorf zur Verfügung:
Telefon: 06172/731-0 - E-Mail: museum@friedrichsdorf.de

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